Rise of the Rōnin im Test (Playstation 5)

Rise of the Rōnin im Test (Playstation 5)

Das historische Japan erfreut sich momentan großer Beliebtheit. Den Anfang machte Gost of Tsushima (PS4/PS5), danach folgte Blue Eye Samurai (Netflix) und seit kurzem könnt ihr jede Woche eine neue Folge von Shōgun auf Disney+ genießen. Mit Rise of the Rōnin für die Playstation 5 versucht nun Team Ninja den Trend fortzusetzen. Ob sich der Ausflug in asiatische Gefilde lohnt, erfahrt ihr hier in unserem Test.

Werde zum Rōnin

Bei einem Rōnin handelt es sich um einen herrenlosen Samurai in der Feudalzeit (1185-1868) von Japan. Rise of the Rōnin spielt in der Mitte des 19. Jahrhunderts, also in jener Zeit, wo der Westen immer mehr Einfluss auf die japanische Kultur nahm. Denn 1853 erschienen die ersten schwarzen Schiffe. In diesem Fall sind es nicht die Portugiesen, sondern die Amerikaner unter der Führung von Commodore Perry. Eine lange Friedenszeit im Land der aufgehenden Sonne neigt sich dem Ende zu. Übrigens gab es viele der historischen Figuren wirklich, wobei sich die Geschichte sicherlich anders zugetragen hat.

So werden, während der Ereignisse des „Bakumatsu“ (Zeit zwischen Matthew Perry 1853 bis zur Rückgabe der Herrschaft vom Shōgun an den Tennō 1867), zwei Weisen von einer Organisation aufgenommen und zu Samurais, als sogenannte Zwillingsschneiden, ausgebildet. Die Bindung ist stark zwischen den Kämpfern und gemeinsam sind sie „fast“ unschlagbar. Während eures ersten Einsatzes im Spiel werden die beiden aber getrennt. Ob ihr dabei als weibliche oder männliche Samuraizwillinge spielt, ist euch überlassen. So macht sich der andere Geschwisterteil gegen die Vorschriften des Samurai-Clans auf die Suche und streift fortan als herrenloser Rōnin durch die Lande.

Wie bereits erwähnt, könnt ihr euer Geschlecht selbst wählen. Außerdem gibt es zu Beginn einen kleinen Charakter-Editor, wo ihr euren Helden oder eure Heldin dem letzten Feinschliff verpassen könnt (Frisur, Bart, Wangenknochen, Stimme etc.). Außerdem legt ihr fest, welche Fähigkeiten von Anfang an ausgeprägt sein sollten. Danach sammelt ihr im Laufe des Spiels Fähigkeitspunkte, die ihr in einem Skill-Tree einsetzen könnt, um so Werte wie Stärke, Intelligenz oder beispielsweise Geschicklichkeit zu steigern. Dadurch ist es möglich, den Charakter eurer bevorzugten Spielweise anzupassen.

Im Laufe des Abenteuers heißt es sich immer wieder zu entscheiden, welcher Fraktion ihr euer Vertrauen aussprecht und so in der Gunst diverser historischer Persönlichkeiten aufsteigt. Das macht die Story lebendig und bei jedem Durchlauf anders, je nachdem welche Entscheidungen ihr trefft. Mithilfe verschiedener Dialogoptionen müsst ihr eure Gesprächspartner belügen, überzeugen oder einschüchtern. Viele dieser Möglichkeiten sind aber erst einmal über den Skill-Tree freizuschalten. Ihr habt entscheidenden Einfluss auf den Fortlauf eurer Story. So mussten wir uns einmal entscheiden, ob wir den Anführer einer gegnerischen Samuraitruppe töten oder freilassen. Dieser begegnete uns in einem weiteren Abschnitt erneut und wir mussten wieder wählen, welchen Weg wir nehmen. Im Anschluss haben sich unsere Entscheidungen als positiv herausgestellt, da sich jener Krieger unserer Truppe anschloss. Und gerade das Vertiefen von Freundschaften ist ein weiterer Faktor im Spiel. Ihr könnt mit euren Verbindungen eure Beziehungen durch Gespräche, Geschenke oder das Erfüllen von Charakter-spezifischen Missionen intensivieren. Als Belohnung warten verbesserte Kampfstile, nützliche Items oder vielleicht sogar intime Momente mit eurer Liebsten.

Finde deinen Zwilling

Team Ninja ging in den letzten Titeln wie Wo Long: Fallen Dynasty oder den Nioh-Teilen den Weg eines Soulslikes. Rise of the Rōnin ist jetzt nicht unbedingt in diese Kategorie einzuordnen. Denn in den drei Schwierigkeitsgraden (Morgengrauen – leicht, Abenddämmerung – mittel, Zwielicht – schwer) könnt ihr selbst wählen, ob ihr es hart bevorzugt oder lieber der Story folgen wollt. Nach Abschluss der Handlung wartet noch ein Hardcore-Modus auf euch.

Nichtsdestotrotz ist das neueste Spiel aus dem Hause Team Ninja weit von einem Soulslike entfernt. Selbst auf sehr leicht werdet ihr zwar hier und da das Zeitliche segnen, dennoch fehlt bei weitem die Erbarmungslosigkeit eines Dark Souls oder eines Elden Ring. Aufpassen solltet ihr trotzdem, denn wenn ihr den Spieletod erleidet, verliert ihr all eure Erfahrungspunkte seit dem letzten Aufwerten. Ihr habt dann noch einmal die Möglichkeit diesen Gegner erneut zu bezwingen, um sie euch zurückzuholen. Scheitert ihr aber, sind die Punkte futsch. Die Verborgene-Schneide-Banner funktionieren ähnlich wie die Leuchtfeuer in Dark Souls. Sie dienen als Checkpoints und füllen euren Vorrat an Items und Projektilen wieder auf. Außerdem regenerieren nach Aktivierung besiegte Gegner erneut (starke Feinde und Bosse ausgenommen).

In Rise of the Rōnin bekommt ihr eine klassische Open World spendiert, welche sehr an die Assassin’s Creed Reihe erinnert. Wenn ihr bei den Checkpoints (den Bannern), die überall auf der Map verteilt sind, synchronisiert, ertönt der Falkensound, ähnlich wie bei AC. Ein Schelm, der böses denkt...

Die Umgebungen sind aber nicht so belebt, wie wir es aus den Ubisoft-Titeln gewohnt sind. Dennoch wartet überall etwas von euch entdeckt zu werden. Ihr findet versteckte Schreine, entlaufene Katzen, die ihr streicheln sollt (Sammelaufgabe), ihr müsst Fotos schießen, Gleiter-Parcours lösen, Schießübungen per Gewehr oder Pfeil und Bogen ausführen oder flüchtige Rōnin suchen und besiegen. Selbst neben der Hauptquest gibt es also jede Menge zu tun - wenn ihr das wollt. Natürlich dürfen die typischen Banditenlager nicht fehlen, nach dessen Befreiung ihr neue Dörfer freischaltet. Das sorgt dafür, dass neue Aktivitäten auf der Karte auftauchen und später beeinflusst es auch die Stärke der Pro- und Anti-Shōgunat-Fraktionen. Um euch schneller fortbewegen zu können, gibt es neben den Schnellreisepunkten die Möglichkeit Pferde, euren Gleiter oder einen Enterhaken zu nutzen. In Rise of the Rōnin entdeckt ihr neben den historischen Charakteren auch diverse alte Städte die ihr besucht. Die drei Größeren davon sind Edo (Tokio), Yokohama und Kyoto.

Das Kampfsystem

Die Kämpfe sind sehr abwechslungsreich. Zwar sind, wie anfangs erwähnt, einige Vergleiche mit einem Soulslike möglich, aber das Gameplay ist viel langsamer - weniger Hack & Slay. So ist es oft ratsam, Aktionen des Gegners abzuwarten und die richtige Mischung aus Konter und Angriff zu finden. Im besten Fall bringt ihr euren Feind zum Taumeln, um starke Treffer zu landen. Augenmerk solltet ihr aber immer auf eure Ki-Leiste legen. Das eingeführte Ki-System ist vergleichbar mit einem Ausdauer-Balken, leert sich aber nicht nur bei Angriffen, sondern auch, wenn wir ausweichen oder blocken. So müsst ihr taktisch klug überlegen, wenn es besser ist, mal etwas Abstand zu halten. Oder ihr schüttelt per Tastendruck einfach etwas Blut von eurer Klinge, um ein wenig Ki zu regenerieren. Nioh Spieler kennen das vielleicht von der Reinigung der Ki-Pfütze.

Eure Angriffe laufen nahtlos, intuitiv und durchaus komplex ab. Es wirkt aber in keinster Weise unfair und oft ist es sogar ratsamer, den Gegner von hinten oder oben in Form eines Stealth-Angriffes zu töten. Euch stehen viele verschiedene Kampfstile zur Verfügung, die nach dem Schere-Stein-Papier-Prinzip funktionieren. Im Game ist es möglich, Verbündete auf eure Missionen mitzunehmen. Da kann es schon einmal von Vorteil sein, via L1 und Stick den Charakter zu wechseln, da dieser mehr Schaden beim Gegner ausübt. Nicht zu unterschätzen sind auch die unterschiedlichen Waffentypen (gepaart mit individuellen Kampfstilen, die ihr im Menü festlegen könnt). Vom Katana, Doppelschwertern, spitzen Speeren bis hin zum mächtigen Odachi ist alles dabei. Ihr könnt immer eine Primär- und Sekundärwaffe auswählen und da ist es euch überlassen, ob ihr euch lieber mit zwei Klingen ins Abenteuer stürzt oder als Zweitwaffe doch Ninjasterne (Shuriken), Gewehre oder Pfeil und Bogen nutzt.

Die Begegnungen mit den Bossen sind, Team-Ninja-like, sehr spaßig und eindrucksvoll inszeniert. Mit mächtigen Angriffen und langen Kombos ist es nicht immer ganz einfach den historischen Figuren Einhalt zu bieten. Oft werdet ihr in actionreiche Nahkämpfe verwickelt, um schnell zu einem anderen Charakter zu wechseln der dann von hinten einen Hieb ausführt. Jeder Gegner hat seine speziellen Movesets, wobei man im Laufe des Spiels merkt, dass sich die Gegnertypen – Samurais – wiederholen (zumindest vom Grundprinzip her). Einzig die verschiedenen Waffentypen werden ausgereizt, die dann den großen Unterschied ausmachen.

Spielerisch hui, Grafik pfui?

Über die technische Seite im Spiel wurde im Vorfeld viel geschrieben und diskutiert. Erst einmal könnt ihr vor Beginn des Games zwischen einigen Grafikoptionen auswählen. So müsst ihr euch entscheiden, ob ihr euch für eine bessere Framerate, Grafik oder Raytracing entscheidet. Letzteres sieht beispielsweise gut aus, aufgrund der flotten Kämpfe empfiehlt sich aber durchaus auch eine erhöhte Bildrate.

Die Optik im Spiel polarisiert sehr stark. Während man es auf der einen Seite durchaus als Stilelement sehen kann, wie wir es beispielsweise aus so manchen „The Legend of Zelda“- Spielen kennen, muss man dennoch festhalten, dass die Luft für einen PS5-Exklusivtitel sehr dünn ist. Mit einem Spiderman 2 oder Horizon kann das Spiel grafisch auf keinen Fall mithalten. Selbst im Vergleich mit dem für die PS4 erschienen Ghost of Thushima zieht Rise of the Rōnin den Kürzeren.

Ist das Spiel jetzt dadurch hässlich oder unspielbar? Hier kommt ein klares NEIN. Der Titel kann vor allem mit einem gelungenen Landschafts-Design punkten. Die verschiedenen Siedlungen, Städte und Landschaften, die in der Kirschblüte erstrahlen, sehen wunderschön aus. Wie wir feststellten, bedarf es vielleicht einer kleinen Eingewöhnung, dass man nicht ständig im Spiel die Grafik mit anderen Titeln vergleicht, aber die Spiellust- und freude überwiegt dann so sehr, dass es einem nach einiger Spielzeit einfach egal ist.

Die Effekte und Sounds im Spiel kommen wuchtig und klar zur Geltung. In der Open World selbst hat das Entwicklerteam auf große Musikstücke verzichtet. Dadurch wird ein angenehmes Gefühl beim Durchstreifen der Landschaften erzeugt, wenn ihr den Wind streifen und Vögel zwitschern hört.

Ansonsten bestehen die Musikstücke aus traditionellen japanischen Klängen aus der Bambusflöte oder dem heimischen Zupfinstrument der Shamisen. Wird es hektisch wird das Ganze noch durch Trommelgeräusche untermalt. Neben der japanischen Synchro könnt ihr das gesamte Spiel natürlich auch in Deutsch genießen. Unserer Meinung nach passen aber die Synchronstimmen vom Klang her nicht immer zu den japanischen Figuren, was einen seltsamen Beigeschmack hinterlässt. Die Synchro selbst ist aber großartig.

FAZIT:

Rise of the Rōnin lässt Samuraiherzen höher schlagen! Tauche ein in die historische Zeit des Bakumatsu, des Shogunats und der Rebellen. Der Titel liefert dynamische Kämpfe, mit einer Mischung aus Soulslike, aber doch einer Einfachheit, die für Jedermann zugänglich ist. Viele verschiedene Waffentypen, Kampfstile und eine Ki-Leiste bringen etwas Taktik und Feingefühl ins Spiel. Ihr durchstreift als herrenloser Samurai eine Open-World, die vor Sammelobjekten und Nebenquests nur so strotzt. Ein Spiel, welches durch die Story und sein Gameplay sehr viel Spaß machen kann und wird, aber durch die altbackene Optik sicherlich polarisiert. Freunde des feudalen Japans, der Samurai und des Schwingens von Klingen kommen definitiv auf ihre Kosten. Ein Spiel, bei dem, trotzt der angestaubten Technik, das Feuer der Entwickler an jeder Ecke zu spüren ist.

PRO:
packende Story
historisches Setting
starke Charaktere
viele Waffentypen und Kampfstile
viel zu entdecken

CONTRA:
technisch angestaubt
sich wiederholendes Charakterdesign
tlw. karge Open-World
deutsche Synchro nicht immer passend

Grafik 6
Performance 8
Sound 9
Umfang 9
Storytelling 9
Story 10
Gameplay 8.5

GESAMT: 8/10

Danke an Sony für die Bereitstellung des Testmusters.

verfasst von „Ulrich“

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Letzte Aktualisierung: 29.03.2024, 12:52 Uhr